Wiedereröffnung | |
Nach seinem epochalen Solodebüt MAXINQUAYE mauerte TRICKY drei Alben lang konsequent gegen jeden Versuch, sich vermarkten zu lassen. Mit BLOWBACK gibt er die Verweigerung nun auf - und umgibt sich sogar mit Cyndi Lauper. | |
Passend zu dem Titel
deines neuen Albums BLOWBACK bläst du auf dem Coverfoto einem Mädchen
Rauch in ihren Mund - oder sie in deinen. Propagierst du damit Dope Rauchen?
Das war einfach ein Bild, das ich schon seit geraumer Zeit im Kopf hatte, und irgendwann hat sich auch der Albumtitel daraus ergeben. Und natürlich ist das auch eine besondere Art, Gras zu rauchen. Man könnte auch annehmen,
dass du versuchst, ihr Leben einzuhauchen. Das wiederum könnte auf
dein Album von 1996, NEARLY GOD, anspielen.
Erneut hast du mit sehr vielen
unterschiedlichen Künstlern zusammengearbeitet.
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Während die Gäste
auf NEARLY GOD, unter anderen Björk, Neneh Cherry und Alison Moyet
aus deinem UK-Umfeld kamen, hast du auf BLOWBACK vor allem mit US-Künstlern
gearbeitet.
Ja, bis auf Hawkman, der stammt aus Jamaika. Das liegt einfach daran, das ich inzwischen seit fünf, sechs Jahren in Amerika lebe und arbeite. Ich lebe in New Jersey, etwa 23 Minuten von NewYork entfernt. Da habe ich ein sehr großes Grundstück inmitten eines Walds. Weit und breit gibt es nur Bäume, Rehe und Waschbären. Fühlst du dich seitder präsidentschaft
von George Bush weniger wohl in den USA? Hast du daran gedacht nach England
zu rückzukehren?
Aus welchem Grund?
Bereits nach dem Erfolg deines
Debüts MAXINQUAYE hattest du ein paar weniger zugängliche dunkle
Alben veröffentlicht und damit eine gewisse Aussteigerhaltung an den
Tag gelegt.
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niemandem etwas zu tun haben und befand mich einfach auf
meinem persönlichen Trip. BLOWBACK hat immer noch seinen eigenen Charakter,
ist aber gleichzeing offener für ein großes Publikum. Ich kann
mich auch selbst sehr gut auf das Album einlassen, es losgelöst von
der Tatsache, dass ich es selbst aufgenommen habe, hören und feststellen:
Derjenige, der das gemacht hat, muss ziemlich cool sein.
Warum wolltest du nach MAXINQUAYE die Radiotauglichkeit oder Zugänglkhkeit
deiner Songs vermeiden?
Für welche Produkte wurde denn damit geworben?
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Daraufhin hast du dich extrem zurückgezogen, hast
kaum Interviews gegeben und dir den Ruf eines introvertierten Exzentrikers
eingehandelt
Ich habe es genossen! Musik zu veröffentlichen, an die sich zu dieser Zeit nicht gerade viele Künstler heranwagen konnten. Kein A-&-R-Mann konnte mir hineinreden. Es gab einige Leute, die gerade deshalb den Kontakt zu mir gesucht haben. Die wenigsten Künstler haben die Möglichkeit, wirklich Einfluss auf ihre eigene Karriere zu nehmen, heute noch weniger als damals. Es geht überhaupt nicht um die Musik, sondern nur noch um den Marketingplan. Ich habe dagegen Dinge gemacht, die im Widerspruch zu den üblichen Gesetzen der Musikindustrie stehen. Ich habe mich nicht so vermarktet, wie ich es hätte tun sollen. Ich habe nicht die Songs aufgenommen, die ich hätte aufnehmen sollen. Ich habe es abgelehnt, Radiosender zu besuchen. Selbst dann, wenn sie mir die "Single der Woche" angeboten haben, bin ich einfach nicht hingegangen. Ich habe die Tatsache genossen, dass ich immer ich selbst geblieben hin. Wenn du dir heute die Alben aus deiner dunklen, introvertierten Zeit
anhörst, versetzt dich das wieder in die negative Stimmung dieser
Zeit?
Steht BLOWBACK auch dafür, dass du dich in diese frühe
Zeit zurückversetzt, zurückgeblasen fühlst?
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symbolisiert insofern tatsächlich den Anschluss an
diese frühe Zeit, gleichzeitig steht es aber auch für einen Schritt
nach vorn. Ich habe sehr viel seit der Zeit von MAXlNQUAYE gelernt. BLOWBACK
geht weiter, hat mehr Tiefgang als MAXINQUAYE. Und mit meinem nächsten
Album werde ich noch weiter wachsen. Ich muss mich lediglich konzentrieren
und dem Album ausreichend Zeit widmen.
BLOWBACK wird bereits als der erste legitime Nachfolger zu deinem
erfolgreichen Debüt MAXINQUAYE von 1995 gehandelt, das du nach deiner
Zusammenarbeit mit Massive Attack veröffentlicht hast.
Was nicht gerade viele Künstler von sich behaupten können.
In deinem Projekt PRODUCT OF THE ENVIRONMENT (1999 Rykodisc/Zomba)
hast du mit zahlreichen britischen Ex-Gangstern zusammengearbeitet die
dort Geschichten aus ihrer wilden Zeit zu deinen Beats rezitieren. Wie
bist du darauf gekommen?
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immer eine besondere Faszination auf mich ausgeübt.
Deshalb wollte ich ursprünglich ein Buch über meine Onkel schreiben.
Und ich dachte mir, dass es am klügsten wäre, ihre Geschichten
auf Band aufzunehmen, was ich dann auch gemacht habe. Diese Bänder
wollte ich eigentlich bei einem Autor abliefern, damit er etwas daraus
macht. Aber zunächst habe ich die Bänder einem Freund im Studio
vorgespielt, weil ich wissen wollte, was er davon hält. Eher zufällig
habe ich, während die Stimme meines Onkels vom Band kam, an den Keyboards
herumgespielt. Und da dachte ich mir sofort: Vergiss das Buch, daraus muss
ich ein Album machen.
Das nast du dann noch ausgebaut. Auf dem Album sind nicht nur die
Stimmen deiner Onkel vertreten.
Und die berichten überwiegend ziemlich nüchtern von ihrer
zum Teil sehr brutalen Vergangenheit. Welche Botschaft steht für dich
hinter dem Projekt? Eher "Verbrechen zahlt sich nicht aus" oder "Es ist
nur ein
Kommentierst du damit auch die häufig aufgesetzte Gangstersprache
des HipHop?
In deiner Jugend in Knowle West in Bristol warst du auch selbst in
Drogenhandel und Autodiebstähle verwickelt. Wie hast du es geschafft
von der Kriminalität loszukommen?
INTERVIEW: MICHAEL TSCHERNEK |
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