Das ist doch mal ein
Sinneswandel. Noch vor etwa einem halben Jahr resümierte ein resignierend
und nachdenklich gestimmter Adrian Thaws: "My life is still fucked up.
Nicht völlig verkorkst so wie vor drei Jahren noch, aber es ist auf
jeden Fall nich ene Menge zu tun." Die akustische Bestätigung seines
seelischen Status Quo gab es gleich dazu: "Mission Accomplished", die zu
dieser Zeit veröffentlichte EP mit vier reichlich kruden Brocken zwischen
Computer-Punk, Garagen-Freejazz und Endzeit-TripHop, zwischen kaltschnäuziger
Aggerssion, beängstigender Dunkelheit und manischem Wahnsinn. Und
jetzt das: "Blowback" und Tricky im Land, wo Honig und Schokolade fließen.
"Ach was", relativiert er: "Es ist jetzt nur vieles besser als noch vor
ein paar Monaten. Ich war es außerdem leid, dass mich Radiostationen
und Musikkanäle völlig ignorieren." Und, man muss es so sagen:
Auch immer mehr Fans blieben auf seinen wild gewordenen Groove-Expeditionen
und bekifften Schizo.Trips ins Land der Düsternis auf der Strecke.
"Stimmt absolut. Und weißt du, was noch viel schlimmer ist? Dass
die Kids, die sich 'Top Of The Pops' reinziehen, überhaupt nicht iwssen,
woher diese ganzen Pop-Klon-Bands überhaupt ihre Ideen haben. Wurde
Zeit, dass es denen mal wieder jemand zeigt." Und Tricky kann es wirklich:
"Blowback" ist eine wunderschöne Platte aus warmen, eingängigen
und fast ausnahmslos lieblichen Song.Wolken zwischen Pop, TripHop, Dub
und - jawoll - gutem alten Metalfunk, die nie den nötigen Biss und
die Tricky-eigene Tiefgründigkeit vermissen lassen. |
Der Bogen, den das Album
schlägt, ist enorm und dennoch: Es klingt in jeder Sekunde, jedem
Ton und jedem Beat nach Tricky. Damit das ganze Vorhaben auch von Erfolg
gekrönt ist, lud er sich gleich reihenweise Gastmusiker ins Studio:
Neben einem ganzen Berg an Sessionmusikern und eher unbekannten, befreundeten
Vokalisten waren auch einige Celebrities mit dabei, die sich, laut Tricky,
ihm alle von selber und ungefragt anboten. Darunter: Alanis Morissette,
Ed Kowalczyk von Live, ferner drei der Red Hot Chili Peppers, die ihm bei
den Crossover-Nummern halfen, sowie die 80er Pop-Lady Cyndi Lauper, von
der er behauptet, sie habe eine der besten Stimmen, die ihm je zu Ohren
gekommen sei. Ein Schelm übrigens, wer bei all dem an überzogene
Dispos, ständig steigende Rauchkräuter- Kosten und ausbleibende
Single-Erfolge denkt: Geld war nie ein Problem für Tricky, und auch
in die Charts will er nicht um des Erfolges willen, sondern um seiner Rolle
als erzieherischen Glied einer fehlgeleiteten Popjugend nachkommen zu können.
"Ausnahmslos alles, was sich derzeit in den Charts tummelt, ist unfassbarer
Dreck", bestimmt er, "und deshalb ist es auch kein Wunder, wenn unsere
Kids nicht mehr wissen, wie sich wirklich gute, echte, authentische Musik
anhört.
Aber jetzt bin ich ja da, um es ihnen zu zeigen. Ich hoffe sehr, dass das
klappt." mit einem derart guten Album im Rücken solllte das eigentlich
zu machen sein - wir drücken die Daumen. Mehr zu "Blowback" und dem
geläuterten Tricky m nächsten Heft.
Sascha Krüger |