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    Die magischen 
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Trickys Debütalbum »Maxinquaye« erreichte aus dem Stand Platz 4 in den englischen Charts. Mit ewig neuen Slogans wie »Trip Hop«, »Sex Music For lndie PeopIe« oder »Future Sound Of Bristol« schafft man es, die Musik immer wieder mißzuverstehen. Dabei muß man doch nur bei William S. Burroughs, den Beastie Boys oder James Joyce nachschlagen, um Trickys Traditionen aufzuspüren. 
Text: CHRISTIAN STORMS. Interview: RALPH CHRISTOPH und CHRISTIAN STORMS.
Der kleine, drahtige Mann schwebt langsam von seiner Homegrown-Wolke herunter. Er landet in einem weinrot-grundierten Ausflugslokal an einem gedeckten Tisch für acht Personen. Freundlich fläzt sich Tricky' auf dem Stuhl und kratzt gedankenverloren seinen Bauch. Die kurz rasierten Haare, sein Parka, die knitterigen
Drillichhosen und die geschnürten Stiefel lassen ihn wie einen Soldaten auf der Heimreise wirken. Die anderen Leute am Tisch geben ihr bestes, sich so nonchalant wie möglich für
einander zu interessieren, ohne allzuviel ihrer Energie, die natürlich Tricky zusteht, zu verschwenden. Währenddessen versucht er, fast genauso glücklos einen Freund namens >Sunny Murray< in Hamburg anzurufen. Die charmante Vertreterin der Plattenilrma assistiert am Handy mit professioneller Hilllosigseit. >Ich glaube, du mußt jetzt da drauf drücken.< Ob Tricky sich ein paar Tips von dem legendären Schlagzeuger des Free Jazz holen will?
   Später erfahren wir, daß >Sunny Murray< die geheime Hotelidentität von Mike D ist. Er lud Tricky zu den Konzerten der Beasties in England ein, im Verlauf der Tour freundeten sich die beiden an. Mike D schätzt Tricky's brüchigen Funk momentan über alle Maßen und in diesem seltenen Fall sind die englischen Platterkäufer und -kritiker auf der gleichen Höhe. Trickys Debüt >Maxinquaye< erreichte aus dem Stand den vierten Platz der Charts. Die Weeklies spinnen Ihr Journalistengarn und bergen aus den Schatzkammern ihrer Wortbaukästen Slogans wie
>TripHop< oder >Future Sound Of Bristol<. Tatsächlich ist Tricky neben dem Junglist Goldie der wichtigste Produzent und Soundarchitekt Englands. Goldie wie Tricky gehörten früher zum Bristoler Sound-System Wild Bunch, aus dem auch Massive Attack hervorgingen. Beim ersten Hören mag Jungle wenig mit Trickys kratzig-langsamem, flirrendem Angst-funk zu tun haben. Goldle und Tricky stehen aber Rücken an Rücken auf den Schultern des Wild Bunch.
Das gemeinsame Erbe aus HipHop, Reggae und Funk nutzen sie beide, wenn auch auf unterschiedllche Art und Weise. Trickys Musik repräsentiert mehr als seine private Existenz unter dem Namen Adrian Thaws, der bei seiner Großmutter in Knowle West, Bristol aufwuchs und eine kleinkriminelle Jugend hinter sich brachte.
   Seit Trickys erster Single >Aftermath< versucht man, die Musik mit unterschiedlichem Erfolg zu beschreiben: >Has anybody ever given your sex organs a four-hour licking? That's what this sounds like. A pre-orgasmic tension as it is possible for a human being to take at one setting.< (NME) So sehr man versuchen sollte, über Sex und Musik zu schreiben, so harmlos und banal wirkt es, >Maxinquaye< als funktionelle Fickmusik fest zu - öhm, nageln. (Überraschen dürften Tricky die schlüpfrigen Bewertungen im Grunde nicht. Als er noch assoziiertes Mitglied von Massive Attack war, versuchte man, das Debüt >Blue Lines< unter dem Stichwort >New-Age HipHop< an den Engländer zu bringen. Den Hit >Daydreaming< wählte die Londoner Stadtzeitung >Time Out< zur besten >music to shag to<.
   Im >Melody Maker< wehrte Tricky sich gegen diese Zuschreibungen nach Kräften: >Es ist verrückt, daß Leute die Platte erotisch finden. Das stimmt nicht. Sogar die Teile des Albums, die von Sex handeln, drehen sich eigentlich nicht um Sex. In >Overcome< heißt es: >You and I walking through the suburbs/We're not exactly lovers<. Und dann: >And then you wait/for the next Kuwait<. Man könnte mit seiner Freundin spazierengehen und gleichzeitig wird Kuwait bombardiert. Es hat mit dem Augenblick zu tun. Ich versuche dreidimensional zu arbeiten. Es geht um die Welt. Natürlich glbt es sehr viel Sex und Gewalt in der Welt, aber wir verstehen uns als Dokumentaristen. Wir dokumentieren die Situationen um uns. Gewalt. Tod. Sex. Geld. Schlechtigkeit. 
   Interessanter als die Sexprobleme der Malnstream Presse ist aber eine Titelgeschichte des Magazins >Wire<.

 
lan Penman, der ehemalige Chelideologe des >NME< aus den frühen Achtzigern, schreibt über Tricky. Penman hatte sich seit Jahren fast völlig vom englischen Pop verabschiedet. Er sagt, Trickys Debüt habe endllch seine Vorstellungen einer neuen Sprache im Pop, einer gegenkulturellen Politk und eines idealen Songs eriüllt. >Tricky löst solche Probleme - die falschen Gegenssätze zwischen Technologie und Humanität, Punk und Funk - gerade, indem er sie ignoriert. Was er (zusarnmen mit einigen anderen in Jungle, New Electronica etc.) macht, kann man nicht mit einem >Rückzug< in die Technologie beschreiben, weil seine Generation niemals irgendwo anders war (...) Alle Artikel, die bisher über Tricky (und seine Kollegen von Massive) geschrieben wurden, neigen dazu, vor dem gleichen Dilemma zu stehen: Wie können solche ungehobelten Alltagsmenschen für solche überirdische Schönheit verantwortlich sein? Aber damit rnißversteht man schon die Natur des Songs und seiner Technologie. Der Song ist - durch die >perverse Maschine< der Aufnahmetechnologie - eine zauberische Konzentration des Wunsches, der Ehrfurcht, des Verlustes und des Kummers. Er ist unsere moderne Magick. Ein Mittel zur Anrufung oder Beschwörung, boshafter oder herzzerreißender Voodoo. Auf >Maxinquaye> hat Tricky sich zu einer Maschine gemacht, die in der Lage ist, eine ganze Galaxie/Phalanx widersprüchllcher Personae zu projizieren. >And as I grow, I grow collective...«
   Obwohl Trickys Musik fast in jeder Hinsicht anders konstruiert ist als konventionelle Poprnusik, löst sie einen Heißhunger aus wie die besten Popsongs. >Maxinquaye< klingt wie ein Mobile aus Stützen und Streben, deren Schwerpunkt man nicht ausmachen kann. Die HipHop Beats knistern ausgeleiert und schaffen eher Hindernisse und Untiefen in der Musilt, als sie zu gliedern. Der wispernde Singsang - Trickys Rap und die Soul-Stimme der Sängerin Martina - kommt scheinbar aus einem Fernseher im Nachbarzimmer. Die zuckrigen Sounds von Orgeln, Synthies und Querflöten wirken angegriffen und dumpf. Trotz ihrer freien Assoziation und >Drei-Dimensionalität< fehlt der Musik etwas, das die Hörer ergänzen müssen. Vielleicht liegt darin ihre größte Qualität.
TRICKYS BOUTIOUE
   Wir haben gelesen, daß du gerne Old-School-Hip-Hop hörst Hat die Art, wie man dort mit Sounds und Worten umgeht deine Musik beinflußt?
HipHop wird immer noch unterschätzt Ein Rapper hat noch nie einen Preis für Songwriting gewonnen. Trotzdem sind Leute wie Cnuck D und Slick Rick Dichter. Rakim ist der Shakespeare unserer Zeit. Wenn ich mir >Lyrics Of Fury< oder >My Melody< anhöre, werde ich fast depressiv. Das ist fast zehn Janre alt und man kann es noch heute nicht so gut machen. Aus der Old School gefallen mir vor allem Ultramagnetic MCS und Rammelzee mit K-Rob. Von den neuen Typen mag ich Nas, Jeru, Notorious B.l.G. und Craig Mack. Aber Method Man ist es! Er hat den Stil. He has blown my mind. Im Moment höre ich nichts anderes. Überhaupt haben Wu-Tang Clan diese >Attitude<. Was sie senden, kommt an. Meine Lieblingssänger sind Kate Bush und PJ Harvey! lt's wicked!
  Wie schreibst du deine Sachen? Hast du immer ein kleines, schwarzes Buch bei dir?
Nein, nein. Ich schreibe auf Zetteln, Bierdeckeln und allem, was gerade zur Hand ist. Ich möchte überall schreiben. Wenn ich in einem Club bin und es ist cool, dann habe ich trotzdem das Gefühl, das gibt mir nichts. Ich sollte schreiben, um mich an der Sache zu beteillgen, um dabei zu sein. Leider schreibe ich nur; wenn mir danach ist. Manchmal fühle ich mich so faul und schwach.
  Wie arbeitest du an deinen Stücken? Gibt es eine bestimmte Vorgehensweise?
Ich baue meine Musik mit Hilfe von Sounds zusammen. Ich höre auch eher nach Sounds, als nach einzelnen Genres. Heute gibt es keine exklusiven Sounds mehr. Teile aus Hardcore-Techno findet man in langsamem HipHop. Ich glaube, alles ist auf einem Niveau
   Als ich anfing, Musik zu machen, wußte ich nichts über Sampling. Ich habe mit einem Techniker gearbeitet und wollte, daß er ein bestimmtes Stück samplet und Ioopt. Er hat gesagt: >Das kann man nicht machen. Das hat doch nicht genug Takte.< War mir natürlich egal. Meine Naivitit ist mein großes Glück Ich habe am Anfang nie einen guten Beat.

 
Zuerst kommt ein Sound, dann ein anderer und dann hacke ich die Sachen klein. Ich bereite mich auch nicht besonders vor; wenn ich ins Studio gehe. Wenn man gut vorbereitet ist, und nichts klappt kann man nur zurückgehen. Es macht für mich nur Sinn, das Ganze als Spiel zu sehen. Als ob ich mit Spielzeug spiele. Studios sind tolle Spielsachen. Viele Fernseher, verdammte Gomputer und man bringt mir Kaffee.
   Wenn man Sachen von Rammelzee und Wu-Tang hört, gewinnt man die Vorstellung, daß Rap eine Art des Kämpfens ist. Ein Überlebenstrainig in der Sprache.
Ja. Kämpfen ohne Gewalt. Ich finde es unglaubllch, mit welchen Mengen von Text sie arbeiten. Sie können über alles in der Welt reden. Wirklich alles. Es ist wie: >Don't let the negative vibe mislead vou.< Sie sprechen mit negativen Worten. Sie verneinen. Aber in den Zwischenräumen, wenn die Worte nicht ganz zusammenpassen, können sie alles ausdrücken. Darin wird das Negative gebrochen. Unglaublich.
   Welche Bedeutung haben deine Texte für dich? Wie reagierst du auf deine Musik?
Ich habe mir immer gewiinscht, daß meine Musik mich vor den Leuten beschützt. Etwas, das ich bewundern kann, wie einen großer Bruder. Einen Lasserstrahl, um... Naja. Oder wie die Superkräfte der Leute in dem Film >Scanners<. Etwas, das mich auch im Zaum hält. Wenn ich keine Liebe aufbringe, kann es mir auch Bescheid stoßen. Von solchen übersinnlichen Kräften habe ich viel geträumt und tue es noch. Wenn ich das mit meiner Musik erreichen könnte, dann wäre ich an der Spitze.
Und dann nimmst du deine Musik mit den über sinnlichen Kräften auf? Jetzt klingst du wie ein Superheld aus einem Comic.
Ich habe zwar nie Comics gelesen, aber ich habe ein >comic mind<. Ich bin zu seibstsüchtig, um Comics zu lesen. Man liest da ja über andere Leute. Ich will Immer selbst der Superheld sein, der Mann, der auf der Bünhe steht, und der Soldat, der die Schlacht überlebt. Wenn ich nachts Im Bett liege und mir vorstelle, etwas zu sein, dann werde ich es auch. Ich habe geträumt, daß ich der beste Rapper in England wäre. Ich bin jetzt der beste Rapper in England. Ich
habe geträumt, ich wäre der beste Songwriter in England. Ich bin jetzt der beste Songwriter In England. - Oh je, das sage ich doch alles nur, weil ich so unsicher bin.

MAKIN' WITH THE FREAK FREAK
   Wenn man den Vergleich zwischen Rakim und Shakespeare kurz weiterspinnt, dann müßte, wenn es denn möglich wäre, Tricky der James Joyce unserer Zeit sein. In die Soundtracks seines DJs Eric B sprach Rakim endlose Monologe über Kämpfe gegen andere MCS, die Kontrolle über seine Crowd und die Repräsentation von Macht. Eric Bs Soundtexturen, mit denen er Rakims Worte dramatisiert, sind nicht allzu weit von Trickys Musik entfernt. Die fließende, mächtige Eloquenz Rakims fehlt allerdings bei Tricky völllg. Aus den weltumspannenden Monologen werden gemurmelte Assoziationsfetzen, deren Bedeutung sich auzulösen droht. Indem Tricky nicht mehr eindeutig reden kann, schafft er es aber, wieder die Welt zu dokumentieren. Zu Trickys Old-School-Lieblingen gehört auch >Beat Bop< von Rammelzee und K-Rob. Das Stück ist ein direktes Vorbild für die Texte und Musik auf >Maxinquaye<. Rammelzee war ein Graffitti-Künstler und Guerilla-Linguist, der passenderweise von dem >flyboy in the buttermik<, Jean Michel Basquiat, produziert wurde. ">Beat Bop< wird in etwas namens >slanguage< gerappt - ein >stream of consciousness<-Rap zwischen einem Gangster und einem Kind, die über die Vor- und Nachteile der Schule debattieren. Die Musik besteht aus einem langsamen Trance-Beat, in Wellen von Echo gebadet, das wie Nebel steigt und fällt. Auf verwirrende Weise gleitet die Sprache in HipHop-Klischees, sozialen Realismus und reinen Nonsense hinein und hinaus." (David Toop)
   Greg Tate schrieb, >Beat Bop< käme ihm wie eine Neufassung von >Naked Lunch< aus der South Bronx vor. Auf >Ill Communication< zitieren die Beastie Boys >Beat Bop< in Ihrem Stück >B-Boys Makin' With The Freak Freak<. Auch ihre Art zu rappen, verdankt Rammelzee viel. Vielleicht sind William S. Burroughs, die Beasties und Tricky zusammen ja der James Joyce unserer Zelt. Aber wer will das schon so genau wissen?!


 
BEYOND GOOD AND EVIL
   Man ist erstaunt, welche Assoziationen deine Musik auslöst.
Es ist verrückt, daß einige Leute geschrieben haben, >Ponderosa< benutzt Samples von Tom Walts und ich klinge wie Tom Waits. Erst nachdem ich die Kritik gelesen hatte, habe ich mir Waits angehört. Einiges davon gefällt mir auch gut. Ich freue mich, wenn ich durch die Kriten neue Sachen kennenlerne, aber wirklich beeinflußt haben mich Old-School-HipHop, Rakim und die Specials. Wenn man unbedingt will, soll man zu meiner Musik >englischer HipHop< sagen. HipHop versucht man doch schon seit Jahren vergeblich zu definieren. Für mich gehören Gruppen wie Pop Group, Mark Stewart & The Mafia oder Tackhead auch zum englischen HipHop.
   Wenn man einen gemeinsamen musikalischen Nenner sucht, dann sind Soul II Soul, Massive Attack, Portishead und deine Musik doch mit der enaglischen >Club Soul<-Szene verbunden.
Ja, genau. leute, die in Clubs ausgehen, um zu tanzen, Spliffs zu rauchen, zu trinken, fangen an, Musik zu machen. Wir haben nicht zehn Janre in einer blöden Garage gesessen und auf einer Gitarre herumgeschrubbt.
Du hast eben Mark Stewart erwähnt. Du warst doch mit ihm befreundet?! Macht er noch Musik?
Wir sehen uns vielleicht einmal im Jahr. Er ist eine erstaunliche Persönlichkeit. Er hat gerade ein Album fertig. Er ist so obskur. Das bewundere ich besonders. Es beweist die Stärke dieses Mannes. Er könnte mehr auf sich aufmerksam machen. Im Gegensatz dazu nehme ich den einfachen Weg. Ich spiele das Spiel mit. Zu seiner Art zu leben, gehört ein starker Charakter. Dagegen bin ich nur schwach und unordentlich. Ich muß immer versuchen, Kontrolle in mein Leben zu bringen. Niemand anders hat so auf mich gewirkt und mich beeinflußt. Wenn man mit Mark Stewart abhängt, dann ist der Vibe: Nichts ist wichtig! Erst wenn er dich verläßt, kannst du zurück ins normale Leben. Er ist mal bei mir eingezogen und hat zwei Wochen bei mir gelebt. Sein ganzer Besitz war in einem Koffer. Ein paar Kassetten, Socken und so weiter. Er ist ein Zigeuner. Wir sind von Bristol nach London gezogen. Er hat oft ein kleines Gefolge. Manchmal waren wir zu acht. Man trinkt. Geht in einen Club. Raucht. Schaut Femsehen. Geht Spazieren. Schlafen. Ein Woche oder einen Monat lang - Ich habe auch schon mit Mark Stewart in einem Club gerappt. Wahrscheinlich wäre es das Beste für mich, das nächste Album mit ihm zu machen. Drei Tage im Studio mit Mark Stewart! Drei Tage Wahnsinn ohne Methode.
Seit der Zeit bei Pop Group spielt Mark Stewart improvisierte Musik im Bermuda-Dreieck zwischen Free Jazz, Dub und Punk. Könnte das zu deinerMusik passen?
Punk habe ich nie richtig gehört. Ich finde >Maxinquaye< ist aber punky, was immer das auch sein soll. Was Aufnahmen mit Mark Stewart angeht: Ich würde mich nach ihm richten. Das Wichtigste wäre, mit ihm zusammen zu sein.
Die meisten englischen HipHopper machen heute Jungle. Die Musik ist schnell, aggressiv und man hört es mit vielen Anderen beim Tanzen. Eigentlich der extreme Gegensatz zu deiner Musik.
Ich glaube, die Kids, die Jungle hören, sind auf andere Art verwirrt als ich. Auf der einen Seite ist Jungle brillant. Man kann es nicht beschreiben. lt's wicked! Es ist die Musik der Kids, die Musik der Weiterentwicklung. Die Musik der Verwirrung und der Panik und sie hilft, die Kids von der Straße wegzukriegen. - Auf der anderen Seite ist es aber auch traurig. Ich habe Angst vor Veränderungen. Wenn sich die Dinge zu schnell bewegen, macht mir das angst. Ich hoffe, wir verlieren nicht die guten, altmodischen Songs und Stimmen. Jungle sollte andere Sachen nicht verhindem. Ein Junglist sollte nicht damit zufrieden sein, Jungle zu spielen. Warum können die Leute nicht mit allen Arten von Musik herummachen? Wenn es ein festes Format für etwas gibt, finde ich es langweilig. Ich mag es, wenn Musik selbstsüchtig ist. Musik. die >Fuck Off!< sagt.

AFTERMATH
So wichtig OId-School-HipHop und Mark Stewarts Arbeiten auch für >Maxinquaye< sind, man sollte nicht vergessen, daß Konzept-Pop-Stars und Visualisten wie David Bowie, Patti Smith, Kate Bush und Prince auch zu seinen Einflüssen gehören. >Ich will, daß die Images mich repräsentieren.< Die Images benutzt Tricky auf die gleiche rücksichtslose Art wie seine Sounds. Die Idee für das Cover der Single >Overcome< stammt von ihm. Martina und er sitzen auf einer Couch, die von rotem Stoff überdeckt wird. Martina trägt den Hochzeitsanzug eines Bräutigams. Tricky hat ein weißes Hochzeitskieid an, unter dem noch seine Hosen und Turnschuhe zu sehen sind. In den Händen hält er zwei Pistolen. Sein Mund ist mit Lippenstift verschmiert. Das Bild wirkt ärmlich, kitschig und verstörend, als ob ein Kaufhaus-Dekorateur ein Schaufenster zum Thema >gender politics< gestaltet hätte. Als nächste Single wird das Public-Enemy-Stück >Black Steel< ausgekoppelt. Auf dem Cover sieht man Tncky mit starkem Make-Up und langen, falschen Wimpem. Er läßt >Black Steel< von der Band FTV nachspielen. Martina singt mit hoher, leicht heiserer Stimme den Text: >Igot a letter from the government the other day.< Sie kommt bis zur Stelle: >But a brother like me begun to be another one/Public enemy servin' time...< Tricky rappt dazwischen: >Switch on...switch off... switch on...< Und schließlich singt Martina: >they could not understand that I'm a Black man...< Diese Zeile singt sie bis zum Ende des Stücks nicht mehr, wiederholt aber andere Sätze der ersten Strophe. Immer wieder kommt ein Brief. Immer wieder sagt eine Frau, sie sei >a brother like me<. Im Gegensatz zu Public Enemys Version knnn niemand mehr aus dem Gefängnis ausbrechen. Vielleicht liegt hier Trickys barbarische Utopie. Wir sind alle gleich, wir bleiben alle in unserer Zelle.

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 photos: Torsten Goffin
 

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