TRICKY/SNEAKER PIMPS/ CZEGI/FAITHLESS |
||
15.08.96 - Köln, E-Werk ca. 1 .500 Zuschauer |
||
Es ist schon erstaunlich, wieviele Dinge Gemeinsamkeiten aufweisen, obwohl sie auf den ersten Blick grundverschieden wirken. Neh- men wir beispielsweise Minigolf und das Tricky-Konzert im E-Werk. Schon nach kürzester Zeit wird die Übereinstimmung so augenfällig, daß man sich für jede Sekunde des Nachdenkens ohrfeigen möchte. „Natürlich“, folgt dann der begeisterte Ausruf, „nichts von beidem macht Sinn“. Klammern wir bei den Erklärungen Minigolf aus und beschränken uns auf das ’Tricky—Konzert: Der Brite wird als Top-Act des ‘Urban-Groove'- Abends gehandelt. Czegi, Sneaker Pimps und Faithless bereiten die Stimmung mit ihren Gigs dagegen so gut wie möglich vor. Die Halle ist voll, mittlerweile ist es rund 40 Grad warm, das Licht geht aus — die Fans schreien und die |
Fotografen suchen sich die besten Plätze im Fotograben. Ein Intro von Danzig ertönt. Die Fans schreien abermals, das Licht bleibt aus, sowohl im Saal als auch auf der Bühne. Und so soll es auch bis zum Ende des Konzertes bleiben. Klei- ne farbige Spots, die hin und wieder mal kurz das Dunkel durchbrechen, und die Glut von Trickys Joint sind die einzigen Lichtquellen. Die sind jedoch hell genug, um zu erkennen, daß der als Sound-Pionier gehandelte Musiker heute abend wieder personifiziertes Angekotz- sein darstellt: Seine Lieder aus der Dunkelkam- mer singt er fast ausschließlich mit dem Rücken zum Publikum, So dröhnen dann die Tricky- Geräusche in den lichtleeren Raum, sobald sich aber so etwas wie ein Fluß in den morbiden Stücken eingestellt hat, plärrt der Sänger ein „stop it, stop it" ins Mikro. Dann hastet er wie ein Tier hinter Gitterstäben über die Bühne - die Glut weist den Weg - fängt wieder an zu singen, |
um nach kurzer Zeit erneut „stop it, stop it" zu rufen und sich über die Anlage aufzuregen. Die Jungs am Mischpult danken's ungewollt mit einer Rückkopplung. Hilflos sind in dieser Situation die anderen Bandmitglieder und Sängerin Martine mit ihrer lasziven Stimme, die dem 'Exzentriker nichts entgegensetzen können. So verpuffen die Songs oder vielmehr Songteile wie aus „Strugglin'“, „Brand New You're Retro“ oder dem Public Enemy-Cover „Black Steel" irgendwo im Saal. Nur bei den ganz Hartgesottenen bewirken sie bestenfalls, daß diese wie hypnotisiert ihre Köpfe von der rechten auf die linke Schulter fallen lassen. Der Rest ist ruhig oder schreit wahlweise „Arschloch!“ oder „Verpiß dichl‘ in die Dunkelheit. Hätte man eine Umfrage gemacht, hätten wahrscheinlich ziemlich viele dem Konzert eine Partie Minigolf vorgezogen. ’ Markus Wolf |
from: Visions, October 1996
tricky
concertography |