TRICKY
Köln, E-Werk
Er sei zwar müde, aber gut gelaunt, erklärte Tricky
noch eine Stunde vor Konzertbeginn im total
ausverkauften Kölner E-Werk. Wie sich das in seiner Live-Performance äußere? Da tanze er immer so
ausgelassen... Als Tricky schließlich, begleitet von
Sangespartnerin Martina sowie vierköpfiger Band,
die Bühne betrat, war von dem versprochenen Ge-
tanze nicht viel zu sehen. Zum einen verbrachte
Tricky den Großteil des 60minütigen Auftritts mit
dem Rücken zum Publikum stehend, zum anderen
hatte die eigenwillige TripHop-Diva alle Lichter auf
der Bühne ausknipsen lassen und so sah man vor
allem eines: Dunkelheit. All das hätte nun noch kei-
ne Katastrophe dargestellt, wenn nicht der Sound
so grottenschlecht gewesen wäre. So aber ent-
wickelte sich das Konzert, das ursprünglich den
Höhepunkt der diesjährigen PopKomm darstellen
sollte, zum Eklat. Tricky freilich schien das nicht
weiter zu stören. Trotzig spielte vor allem unbe-
kanntes, neues Material seines eher sperrigen neu-
en Albums ‘Pre-Millenium Tension’ und Songs der
bereits fertiggestellten darauffolgenden Platte, die
vielleicht irgendwann Mitte des nächsten Jahres
einmal veröffentlicht wird. Und wenn dann gele-
gentlich doch ein bekannter Song angespielt wurde,
bemerkt man das oftmals lediglich an einer Textpas-
sage oder einem charakteristischen Sound-Sample.
Ob das nun an Trickys eigenwilliger |nterpretation,
den Mängeln des Mixers oder aber an beidem lag,
blieb offen. Auch wenn das Publikum anfangs noch
gefällig klatschte — nach und nach kippte die Stim-
mung in Mißmut um. Gelangweilt-witzlose Sprüche
des Meisters wie ‘Good to be back in Sweden’, oder
‘Stockholm, how are you?’ halfen da ebenso wenig
weiter, wie seine übellaunigen Bemühungen gegen
die Tücken von Technik und Technikern anzukämp-
fen. Als irgendein beflissener Mensch versuchte,
das Licht auf der Bühne wieder anzumachen, bellte
Tricky: „Licht aus!”, als Nebel eingesetzt wurde,
setzte es ein barsches „Nebel aus!”. Ein andermal
stoppte Tricky einen Song in der Mitte, um ihn nach
kurzem verbalem Schlagabtausch mit der Band
noch einmal zu starten. Zwischendurch gibt’s hier
und da ein paar „Fuck You!” für’s Publikum und
Tricky herrscht den Soundtechniker erfolglos an,
doch verdammt nochmal das Keyboard leiser zu
machen. Als dann, einige Pfeiflkonzerte und viele
Buhrufe später, ein genervter Zuschauer sein Bier
über dem Mischpult entleerte, war es mit der Show
ganz aus. Nur noch aus den Monitorboxen gab es
die Zugabe, den Public Enemy-Track ‘Black Steel In
The Hour Of Chaos’ zu hören. Später kam noch die
Polizei vorbei und nahm den Bierspritzer fest — an-
geblich soll ein Sachschaden von 55.000 DM ent-
standen sein. Aber da war die Stimmung sowieso
längst auf dem Nullpunkt. Immerhin: Ein Konzert,
das man so schnell nicht vergessen wird. (hh)

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  from: Musikexpress, October 1996
 
tricky concertography